25. September 2021
Lauenburg

„Kaiser Wilhelm“ jetzt schneller auf Touren

Ganz schön viel Rauch: Historischer Raddampfer wurde bisher 48 Stunden vorgeheizt

Dank elektronischer Vorheiztechnik qualmt der Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ nicht mehr so stark, bevor er ablegen kann. Kapitän Markus Reich hat sich dafür stark gemacht Foto: Elke Richel

Dank elektronischer Vorheiztechnik qualmt der Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ nicht mehr so stark, bevor er ablegen kann. Kapitän Markus Reich hat sich dafür stark gemacht Foto: Elke Richel

LAUENBURG Wenn die alte Dampfpfeife dröhnt, dann weiß in Lauenburg jeder: „Kaiser Wilhelm“ ist wieder unterwegs.
Die Anwohner der Elbstraße wussten bis vor Kurzem schon zwei Tage vorher, dass eine Fahrt des Raddampfers anstand, auch ohne in den Fahrplan zu schauen. Schließlich benötigte das im Jahre 1900 erbaute Schiff etwa 48 Stunden, um genügend Dampf auf dem Kessel zu haben. „So sehr die meisten Altstadtbewohner ihren ,Kaiser’ mögen, die lange Vorheizzeit stellte diese Liebe oft auf eine harte Probe“, weiß Kapitän Markus Reich.
Um es deutlich zu sagen: Es müffelt ordentlich, bevor der „Kaiser“ auf Touren kommt. Und Wäsche hängt man in dieser Zeit besser auch nicht draußen auf. Jetzt hilft dem Schiffsveteran ein bisschen moderne Technik auf die Sprünge. Insgesamt 33.000 Euro investierte der Förderverein in eine elektronische Vorlaufheizung. „Man muss sich das so vorstellen: Man heizt mit einem Tauchsieder das Wasser vor, damit es nicht so lange dauert, bis man die Nudeln in den Topf geben kann“, erklärt der Kapitän. Das bedeutet: Legt der „Kaiser“ um 11 Uhr zu einer Fahrt ab, reicht es, am frühen Morgen anzuheizen.
Das neue Bauteil im Heizungsraum des Schiffes ist klein, versteckt und leider überhaupt nicht fotogen. Kaum zu glauben, dass das unscheinbare Rohr das Wasser in relativ kurzer Zeit auf 90 Grad vorheizen kann. Eine Umwälzpumpe befördert das heiße Wasser dann in den Kessel, wo es endgültig auf Betriebstemperatur gebracht wird.
Als der Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ vor 121 Jahren auf der Schiffswerft der Dresdener Maschinenbau und Schiffswerft AG vom Stapel lief, waren Dampfmaschinen der gängige Schiffsantrieb. Aus heutiger ökologischer Sicht kaum noch vorstellbar. Dass der „Kaiser“ eines Tages aus diesem Grund stillgelegt werden könnte, fürchtet Kapitän Markus Reich trotzdem nicht: „Es gibt ja kaum noch Dampftechnik in Betrieb. Der ,Kaiser‘ gehört weltweit zu den vier letzten kohlebefeuerten Raddampfern und steht unter Bestandsschutz.“

Spagat zwischen Tradition und Anwohneranliegen

Ein Gutachten des Landesamtes für Denkmalpflege aus dem Jahre 2014 bescheinigt dem Schiff „eine hohe Originalität“. Es sei darauf geachtet worden, den Charakter des Schiffes nicht zu verändern und dem Fahrgast Reisen wie vor 100 Jahren zu vermitteln. „Somit ist es folgerichtig, dass die ,Kaiser Wilhelm’ 1993 in die Denkmalliste des Landes Schleswig-Holstein eingetragen wurde“, heißt es im Gutachten der Denkmalpfleger.
Kapitän Markus Reich weiß, dass die Akzeptanz des schwimmenden Wahrzeichens von Lauenburg auch davon abhängt, wie die Crew auf die berechtigten Interessen der Anwohner reagiert. „Sich nur auf den Bestandsschutz zu berufen, wäre zu einfach. Ich verstehe, wenn jemand sauer ist, wenn er in einer warmen Sommernacht das Fenster nicht öffnen kann, weil der ,Kaiser’ angeheizt wird“, sagt er.

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