WILLINGHUSEN Dass die Corona-Krise die Digitalisierung im Laufschritt voran gebracht hat, ist kein Geheimnis. Besonders gefordert sind die Schulen. Wenn vor der Pandemie an mancher Bildungsstätte noch die Kreide über die Tafeln kratzte und Smartphones aus den Klassenräumen verbannt wurden, so haben andere Schulen die digitale Welt schon seit längerem voran getrieben.
Plattformen wie Iserve, auf denen Informationen zwischen Lehrkräften und Schülern ausgetauscht werden, über Videokonferenzsysteme wie jitsi, die datenschutzkonform aufgesetzt wurden bis hin zur technischen Ausrüstung mit Whiteboards, Tablets und Laptops.
Mit dem Digitalpakt haben die deutsche Bundesregierung und der Deutsche Bundestag im Jahr 2018 die Absicht bekundet, die Digitalisierung in den allgemeinbildenden Schulen mit fünfeinhalb Milliarden Euro zu fördern. „Davon wurden bislang nur 970 Millionen Euro abgerufen. Während einige Bundesländer bereits ihr Budget ausgeschöpft haben, wurde in Schleswig-Holstein erst drei Prozent der verfügbaren Summe angefordert“, sagt Matthias Lange. Der 43-jährige Unternehmer ist Botschafter Familienministeriums mit dem Projekt Jugend stärken, das vor allem benachteiligten Jugendlichen den Einstieg in das Berufsleben erleichtern soll. Sein Schwerpunkt liegt in der Digitalisierung der Schulen. Regelmäßig besucht der Willinghusener Schulen in den norddeutschen Bundesländern.
Doch woran liegt es, dass die Gelder nicht abgefordert werden. Die Antwort läge nach Einschätzung von Lange auf der Hand: “Um die Gelder zu erhalten, müssen die Schulleitungen ein Medienkonzept vorlegen“. Das sei gerade in Zeiten von Corona zeitlich einfach nicht machbar. Da hätten die Lüftungs- und Hygienekonzepte erstmal Vorrang. Zudem seien einige Schulleitungen mit der Erstellung dieser Konzepte überfordert. Als Botschafter bietet er mit seinen Länderkollegen genau hier Unterstützung an. „Wenn wir die Inhalte haben, können wir das verschriftlichen“, erklärt er. Und ebenso bei der Einrichtung der Geräte oder der Schulung bei der Nutzung stünden sie zur Verfügung.
Das Netz auf dem Land muss stabiler werden
Bedingt durch das deutsche föderalistische System beobachtet er 16 unterschiedliche Qualitätsstände zum Thema Digitalisierung. Jedes Bundesland könne allein entscheiden, wie es die Umsetzung handhabt und das brächte viele Unterschiede mit sich. „Und es gibt unterschiedliche Bedarfe. Während es in der Stadt eher um das technische Equipment geht, ist es auf dem Land das Netz, das stabiler werden muss“, sagt der Botschafter. Und so bemängelt er die unterschiedlichen Standards an den Schulen. „Schüler, die eh schon benachteiligt sind, haben an Schulen, die digital hinterher hinken einen weiteren Nachteil“, so seine Beobachtung. „Zum Glück sind wir in Barsbüttel gut aufgestellt“, sagt er.
Doch die aktuellen Zeiten hätten auch Veränderungen mit sich gebracht. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) erläuterte gegenüber dem NDR (Norddeutscher Rundfunk), dass sich mit dem Bund darauf verständigt wurde, die Konzepte nun nachreichen zu können.
„Corona hat uns schonungslos aufgezeigt, wo wir stehen“, so Lange. Und es sei gut so, dass nun Tempo in das Thema käme. Aus seiner Sicht stünden alle bereit, Schüler, die schnell in der Umsetzung technischer Angebote sind, Lehrkräfte, die sich weiterbilden wollen und Schulen, die sich zeitgemäß aufstellen möchten. Doch letztendlich habe er auch festgestellt, wenn es eng wird hat die Digitalisierung immer untergeordnete Priorität, das müsse sich ändern.