OSTSTEINBEK Sie nennen sich gegenseitig „Freunde“. Ihr Schutz ist die Anonymität. Auch in Oststeinbek kann man sich den Anonymen Alkoholkern (AA) anschließen – wir haben einen getroffen.
Eine schöne Wohnung, irgendwo in Oststeinbek. Wir sitzen am Fenster: Manfred, ein rüstiger Rentner und der Reporter. Unsere Unterhaltung wird deutlich über ein übliches Gespräch hinausgehen, persönlicher, privater sein. Und anonym. Anders wäre es auch gar nicht möglich. Seit 2018 trifft sich die AA-Gruppe in der Auferstehungskirche. Es sind, erzählt Manfred, fünf bis acht Freunde, vom Alter her sei alles dabei, “auch ganz junge Leute.“
Alkohol, erinnert er sich, ist heimtückisch, „weil man sich immer überschätzt“. Auch er versteckte sein Trinken. Auf Dienstreisen übernachtete Manfred im Hotel, „da war die Minibar morgens leer“. Als seine Frau damit droht, ihn zu verlassen, wacht Manfred auf und schließt sich den Anonymen Alkoholikern an.
„Ich hatte panische Angst, verlassen zu werden“. Manfred sucht seinen Hausarzt auf, macht aber keine Entgiftung, schafft trotzdem den Absprung, seine Frau ist weiter bei ihm. Und heute? Es gebe – Gott sei Dank – keine körperlichen Schäden, und: „Ich achte auf mich“. Alkoholsucht sei seit 1968 als Krankheit anerkannt, Alkohol wirke auf Körper, Geist und Seele. Die Krankheit sei bei ihm zum Stillstand gekommen.
Alarmsignal: Trinken müssen
Die zwölf Schritte der AA – eine Art Weg aus der Krankheit, in denen viel von Gott die Rede ist, haben Manfred geholfen, sagt er; die AA-Gruppen besucht er zweimal die Woche. Wenn aus Trinken wollen ein Trinken müssen wird, ist das schnell klar. Wann soll man als Außenstehender eingreifen? Wenn man fest-stelle, dass Alkohol für den entsprechenden Menschen ein Problem ist. „Man muss mit Kontaktabbruch rechnen“, aber nicht nur das: Es gibt Arbeitgeber, die schon mal eine fristlose Entlassung aussprechen, es bestehe ja auch Gefahr für Kollegen.
Eins ist Manfred wichtig: Man soll möglicherweise alkoholkranke Menschen „nicht tadeln“. Ehrlichkeit gegen sich selbst, Verantwortung übernehmen, ist wichtig: „Wie oft belüge ich mich heute noch“. Angebotenen Alkohol lässt Manfred stehen, bei alkoholhaltigen Speisen fragt er nach. Aber eins ist klar: „Es ist für mich viel besser und schöner, so zu leben.“
Die AA treffen sich mittwochs, 19 Uhr im Pastorat der Auferstehungskirche. Kontakt: Manfred, Tel. 040/7127085