30. Juni 2023
Elbe Wochenblatt Elbvororte

Ein Rotwein auf das Wildgehege

Wie Propst Frie Bräsen als Mediator zwei Initiativen zusammenbrachte

Der Blankeneser Propst und Mediator Frie Bräsen Foto: jöm

BLANKENESE Nach über fünf Jahren Auseinandersetzung haben sich die Gruppen „Rettet das Wildgehege im Klövensteen“ und „NaturErleben Klövensteen“ auf ein Konzept für die Zukunft des Wildgeheges geeinigt. Wesentlich dazu beigetragen hat der Blankeneser Propst Frie Bräsen. Der Vertreter des Kirchenkreises Hamburg/Schleswig-Holstein war der Mediator, um die ursprünglich verfeindeten Bewegungen auf einen gemeinsamen Kurs zu bringen. Elbe-Wochenblatt-Mitarbeiter Jörg Marwedel hat Bräsen dazu befragt.
Elbe Wochenblatt: Herr Bräsen, Mediatoren werden manchmal bei Ehescheidungen oder Tarifverhandlungen eingesetzt. Bei der Frage um die Zukunft des Wildgeheges Klövensteen war die Sache auch komplex. Die beiden Gruppen hatten vermeintlich sehr unterschiedliche Ansätze. „NaturErleben“ hielt der der Initiative „Rettet den Klövensteen“ vor, zu kommerziell zu sein. Die widerum unterstellte der vom Nabu unterstützten Strömung zu wenig Realitätssinn.

Frie Bräsen: Ich war mir der Dramatik des Konfliktes anfangs nicht bewusst. Das Bezirksamt, das mich fragte, wusste wiederum gar nicht, dass ich als Mediator ausgebildet wurde.

EW: Wie sind Sie daran
gegangen?

Bräsen: Ich habe mir gedacht, dass wir als Kirche bei Themen wie Zusammenhalt in der Gesellschaft in die Bütt springen müssen. Ich bin unvoreingenommen an die Aufgabe herangegangen. Seit der ersten Zoom-Konferenz im Dezember hat es zehn Treffen gegeben, meist in meinem Haus in Blankenese als neutraler Ort.

EW: Was war da Ihr Ansatz?

Bräsen: Ich habe versucht, alles auf eine Sachebene zu bringen, das hat großartig geklappt. Ich habe versucht, dass beide Gruppen die andere Seite besser verstehen. Selbst bei der Sitzordnung war Zugewandheit wichtig.

EW: Was waren die kippeligen Punkte?

Bräsen: In vielen Punkten gab es kaum Konflikte: weiterhin freien Eintritt, Ausweitung der Öffnungszeiten oder weiter kostenfreie Parkplätze. Die spannendste Phase war kurz vor Schluss, als beide noch mal durchspielten, wer sich mehr durchgesetzt hat. Ich habe gesagt: Wir haben schon soviel geschafft. Wenn wir es an Kleinigkeiten scheitern lassen, wird das Gros der Verabredungen auch nicht verwirklicht werden.

EW: Die Zahl der Tiere war vermutlich ein großer Streitpunkt. NaturErleben wollte nur noch fünf verschiedene Tierarten, weil sie im Wesentlichen eingesperrte Tiere ablehnt. Jetzt sind es 14. Zum Beispiel sollten die Uhus abgeschafft werden.
Bräsen: Da war das Treffen mit Eckard Wiesenthal, dem Leiter des Deutschen Wildgehege-Verbandes, sehr nützlich. Der hat deutlich gemacht, dass niemand die Uhus abnimmt. Also hat man sich verständigt, dass die Uhus bis an ihr Lebensende bleiben sollen und danach keine mehr angeschafft werden.

EW: Ein anderer Fall war der Waschbär.

Da hat Herr Wiesenthal ebenfalls geholfen. Der Vorschlag, sie mit den Frettchen in einem neu gebauten Gehege unterzubringen, war konstruktiv. Waschbären brauchen Unterhaltung, sonst beißen sie sich in ihre eigenen Schwänze.

EW: Was ist mit dem neuen Konzept erreicht?

Bräsen: Das Wildgehege wird ein großer Lernort für Schulen und Erwachsenbildung werden. Es wird mehr Beobachtungsstellen geben, mehr Wiesenblumen und Insekten, das Schnaakenmoor und andere Biotope werden ebenso wie die Tiere mehr geschützt.

EW: Sind Mediationen
vielleicht generell eine gute Idee, um die auseinanderdriftende Gesellschaft wieder zusammenzubringen?

Bräsen: Dafür müssten die Leute erstmal bereit sein wie in diesem Fall. In den TV-Talkshows geht es ja selten um gemeinsame Lösungen, sondern die Teilnehmer wollen vor allem laut gekräht haben. Margot Käßmann, die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, hat gerade ihre Kolumne in der „Bild am Sonntag“ eingestellt. Auch wegen der Mails von Hetze und Hass, die sie erreichten.

EW: Sie dagegen können jetzt sehr froh sein über das Erreichte.

Bräsen: Ja, ich habe von der Bezirksamtsleiterin Frau von Berg eine Kiste Süßigkeiten und einen Schleich-Waschbären bekommen. Im September wollen wir alle zusammen einen Rotwein trinken. (jöm)

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