24. Februar 2023
Geesthacht

Über 50.000 Euro erbeutet

Schockanrufer bringen Geesthachterin um ihre Ersparnisse

Am Telefon setzen die Betrüger ihre Opfer mit Horrorgeschichten unter Druck Symbolfoto: GettyImages

GEESTHACHT Was geht in einer Mutter vor, wenn sie hört, dass ihre Tochter ein Kind getötet hat? Eine Geesthachterin hat das kaum zu Ertragende jetzt durchmachen müssen. Sie wurde dabei Opfer einer besonders miesen Trickbetrügerei, die sie nun bei der Polizei angezeigt hat. Verbrecher haben sie mit einem Schockanruf um mehr als 50.000 Euro gebracht.

Eine vermeintliche Polizeibeamtin aus Hamburg hatte die Frau angerufen und mitgeteilt, dass die Tochter der Geesthachterin bei einem Verkehrsunfall ein Kind getötet habe. Die Tochter selbst könne nicht sprechen, da sie in einer Schockstarre sei. Im Hintergrund war eine weinende Frau zu hören.

Um eine lange Untersuchungshaft abzuwenden, müsse sofort eine Kaution hinterlegt werden, erklärte die falsche Polizistin. Die geschockte Geesthachterin sagte, dass sie über Gold
verfüge. Ihr wurde verboten, mit anderen über die Sache zu sprechen. Es gebe eine staatsanwaltliche Anordnung zur Schweigeverpflichtung, hieß es. Nach vielen Tele-fonaten mit angeblichen Staatsanwälten und Richtern wurde sie mit dem Auto in die Hamburger City gelotst, die Route über Handy durchgegeben. Bei der Anzeigenaufnahme wurde später festgestellt, dass sie mehr als 14 Mal mit unterdrückter Nummer angerufen wurde. Die längste Verbindung wurde fast zwei Stunden gehalten. „Die Betrüger können so sicherstellen, dass nicht zwischendurch die Polizei angerufen wird, falls das Opfer doch Verdacht schöpft“, erklärt eine Polizeisprecherin.

Übergabe in Hamburg

Die erste Übergabe an der Kaiser-Wilhelm-Straße schei-
terte. Der angekündigte „Herr Braun“ passte optisch nicht zum Erscheinungsbild, das die Geesthachterin mit dem Träger so eines Namens verband. Sie ließ sich aber zu einer Übergabe in der Mönckebergstraße überreden. Diesmal erschien am Treffpunkt eine kleine, etwa 30 bis 35-jährige Frau, die das Gold entgegennahm. Ausweisen konnten sich die falschen Justizmitarbeiter nicht. Es hieß, die Ausweise mussten zur Sicherheit an der Gerichtskasse hinterlegt werden.

Nach der Übergabe überdachte die Geesthachterin während der Rückfahrt die Vorgänge wohl noch einmal. Nach Hause zurückgekehrt war ihr bewusst, auf Betrüger hereingefallen zu sein. Sie ging zur Polizei.

Jüngst wurden der Polizeidirektion Ratzeburg vermehrt Betrugsversuche per Telefon gemeldet. Möglicherweise gehen die Betrüger systematisch vor, suchen eine Weile Gebiete mit
denselben Vorwahlen heim, bevor zum nächsten Vorwahlbereich gewechselt wird.

Die Beamten appellieren, auf das Bauchgefühl zu hören. Die Täter arbeiteten oft mit Schockanrufen, um ihre Opfer zu verunsichern. „Die Polizei fragt nicht nach Wertsachen und Geld. In Deutschland gibt es keine Kaution zur Abwendung einer Haftstrafe. Und nach Verkehrsunfällen wird grundsätzlich keine sofortige Haftstrafe angeordnet“, erklärt die Polizei. Sie rufe nie mit unterdrückter Nummer oder 110 an.

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