LOHBRÜGGE Dampfendes Waschwasser, krähende Hähne, quiekende Schweine und die damit einhergehenden Gerüche: Das alles beschreibt der Autor Wolfgang Ising in seinem zweiten Buch „Die 50er in unserer Siedlung“ als sein wundervolles Zuhause. Humorvoll schildert der 73-Jährige den Lebensalltag in der Lohbrügger Siedlergemeinschaft zwischen Röprade und Buchenweg, die heute am Rand von Lohbrügge-Nord liegt, gleich östlich vom Röpraredder.
Birte Keller
„Eigentlich habe ich das Buch geschrieben, damit meine zwei Kinder und mein Enkel nachlesen können, wie ich aufgewachsen bin. In einer völlig anderen Zeit eben“, sagt Ising, der seine Kindheit nun auf 323 Seiten in einem Taschenbuch festgehalten hat.
Das beschauliche Häuschen der Familie steht noch immer zwischen 26 anderen in der kleinen Siedlung, die bis zum Bau von Lohbrügge-Nord inmitten von Feldern lag. Die Kinder spielten zu jeder Jahreszeit auf den kaum befahrenen Wegen, ließen Murmeln und Bälle rollen. Während die Erwachsenen sich zu einem „Schnack übern Zaun“ trafen, verteidigte der Nachwuchs die Kirschbäume mit Zwillen vor gierigen Vögeln. Im Rückblick eine absolute Idylle.
„Das Besondere war unser Zusammenhalt und der unerschütterliche Optimismus, obwohl wir Siedler weniger Essensmarken als die Städter bekamen“, sagt Ising und betont, dass in der Nachkriegszeit alle auf Selbstversorgung angewiesen waren. Das Gehalt des Vaters, der als Elektriker beim E-Werk arbeitete, reichte nicht für Luxus. Doch die Gärten glichen in den Kinderaugen einem Schlaraffenland, boten Erdbeeren, Kirschen und Pflaumen – „und wir pflückten auch gern die Erbsen direkt vom Strauch“, erinnert der Senior.
Auch die Wurst und der Sonntagsbraten „wuchsen“ im Garten: Hausschlachtungen von Schweinen, Hühnern und Kaninchen gehörten zum Alltag. Weniges wurde im Krämerladen Martens gekauft, etwa Südfrüchte, Käse und vor allem Süßigkeiten. Das winzige Geschäft an der Ecke Röpraredder/ Binnenfeldredder, heute ein Frisiersalon, war vor 70 Jahren das lokale Informationszentrum. Dort erfuhr jeder auch ungefragt, wann das nächste Kinderfest steigt oder wer hinter dem nächtlichen Streich steckte – etwa dem, als Wolfgang Ising mit seinen Kumpels sämtliche Gartentüren der Siedlung vertauschte.
Manchmal brach ein Feuer auf den Feldern aus. Sobald die Sirenen ertönten, strömten alle Anwohner zur Rauchwolke: nicht zum Schauen, sondern zum Löschen. Auch Ising war als Kind schon mit einer Feuerpatsche dabei. Da war längst noch nicht absehbar, dass er später mal Berufsfeuerwehrmann werden würde – auch auf der Bergedorfer Wache. Das Buch „Für immer im Kopf“ kam 2016 als sein Erstlingswerk auf den Markt. Darin schildert Wolfgang Ising seine 24 prägendsten Einsätze. Dagegen sind „Die 50er in unserer Siedlung“ eine leichtere Lektüre. Erschienen ist das Buch im Kadera-Verlag (ISBN: 978-3948218607).