TONNDORF Christel Stein (87) war entsetzt. Was sie in Tonndorf mit Ämtern und Baufirmen erlebte, könnte man als „Irrsinn der Woche“ bezeichnen. Ihre Garage, in der sie 40 Jahre parken konnte, ist für sie mit dem Auto plötzlich nicht mehr erreichbar. Ein großer Zaun versperrt die Einfahrt. Der Grund: In Tonndorf wird eine neue Flüchtlingsunterkunft direkt vor ihrer Garage gebaut.
Seit 40 Jahren wohnt Christel Stein in der Wilsonstraße.
Die Garage liegt in ihrem Garten mit Ausfahrt zur Tonndorfer Hauptstraße. Das heißt, es war eine Ausfahrt. Quasi über Nacht wurde die Ausfahrt versperrt.
Im Jahre 1955 zogen ihre Schwiegereltern in das kleine Häuschen an der Wilsonstraße. Auch sie nutzten schon die Garage. Im Jahre 1983 übernahmen Christel Stein und ihr Mann das Haus, die Garage und die Ausfahrt. Der Besitzer hatte ihnen mündlich versichert, dass sie immer über sein Grundstück auf die Tonndorfer Hauptstraße fahren dürften. Doch plötzlich hatte der Eigentümer das Grundstück verpachtet.
In der Nachbarschaft wurden Flyer verteilt. Darauf berichtete der Landesbetrieb Erziehung und Beratung der Freien und Hansestadt Hamburg, dass dort eine Container-Unterkunft für 40 geflohene minderjährige Ausländerinnen und Ausländer gebaut werde, die von zwölf pädagogischen Fachkräften und zehn weiteren geschulten Fachkräften betreut werden.
Die eigenen Leistungen zu loben, das war wichtig. Ein Gespräch mit der 87-jährigen Nachbarin zu führen, das wurde offensichtlich vergessen. Christel Stein bekam einen handgeschrieben Zettel von einer Baufirma. Sie wurde gebeten, über eine Nacht ihr Auto auf der Straße zu parken, da man vor ihrem Grundstück Kabelarbeiten durchführen müsse. Dass sie nie wieder in ihre Garage zurückkehren dürfe, davon erzählten ihr weder die Baufirma noch der Bauherr. Nun bleibt ihre Garage leer. Die alte Dame muss sich jeden Tag einen Parkplatz auf der Straße suchen.
