8. Juli 2020
Horn

Rätselhafte Doppelkugel

Hamburg Port Authority findet historisches „Kampfmittel“

Seilgreifbagger „Modi“ (l.) und Spülschute S600-4 stießen im Team auf den ungewöhnlichen Fund Foto: HPA

BILLBROOK Was die Hamburg Port Authority (HPA) Mitte Juni in der Billwerder Bucht wirklich aus dem Wasser gefischt hat, ist rätselhaft: Es könnte sich um ein Überbleibsel eines längst vergessenen Krieges handeln.

Verloren gegangene Munition holen die Leute der HPA häufig ans Tageslicht. Doch etwas Historisches zu finden komme „nicht alle Tage vor“, sagt Sprecherin Sinje Pangritz: Bei Baggerarbeiten in der Billwerder Bucht entdeckte ein Besatzungsmitglied in einer „Spülschute“ eine Kanonenkugel. Ein Seilgreifbagger hatte sie vorher aus 6,20 Meter Tiefe geholt.
„Was mit dem Fund geschieht, ist noch nicht final geklärt“, so Pangritz, die Kugel musste, immerhin, „nicht entschärft werden“.

Auf den ersten Blick sieht sie aus wie eine verunglückte Hantel: Zwei Kugeln sind über einen Steg miteinander verbunden. Aber woher stammt der Fund? Wollte man den Fund mit Billstedts Geschichte in Zusammenhang bringen, kommt eigentlich nur eine Darstellung als Quelle infrage, die von Hildegard Dunker stammt. Die Kirchsteinbeker Lehrerin hatte das Thema für ihre Lehramtskandidatenprüfung 1942 gewählt, der Kulturring Billstedt-Horn hat sie 1954 herausgegeben. Heute ist der Aufsatz auf der Website www.muemmelmannsberg.de zu finden.

Dort kann man etwa viel von der Zeit der Kriege im 17. und 18. Jahrhundert lesen. Rund alle zehn Jahre krachte es im 17. Jahrhundert in Schleswig-Holstein, das heutige Bill-stedt gehörte damals zum Amt Reinbek. Billwerder nahm Flüchtlinge von der anderen Seite der Bille auf. Von 1700 bis 1721 tobte der Große Nordische Krieg, in dem sich Dänemark, Schweden und Russland stritten. Auch in der „Franzosenzeit“ um 1812 waren Kirchsteinbek und Schiffbek Kriegsschauplatz. Stammt die Kugel aus einer dieser Auseinandersetzungen?

Gerrit Menzel vom Internationalen Maritimen Museum in der HafenCity sagt, bislang könne man nicht beweisen, woher die Doppelkugel stammt, er hält ebenfalls durchziehende Schweden oder die Franzosenzeit für mögliche Verursacher. Gemeinsam mit einem weiteren Experten, den er hinzuzog, hält Menzel das Geschoss für echt. Diese Art von Munition sei auf See dafür benutzt worden, gegnerische Schiffe zu verlangsamen (und dann zu entern), indem man sie in die Takelage schoss. Aber auch Artilleristen hätten diese Art von Munition genutzt.

Dass die Beiräumung von Kampfmitteln außerdem ein überaus aktuelles Thema ist, erläutert Feuerwehrsprecher Torsten Wesselly: Jährlich werden vom Räumdienst sechs bis zehn Tonnen beseitigt, was zwei bis 5,5 Tonnen Explosivmasse entspricht. Es geht dabei in erster Linie um 15 bis 20 große Sprengbomben mit gut 45 Kilogramm Gewicht, Waffen, Waffenteile, Granaten, Stabbrandbomben und Munition.

 

Woher stammen die hantelartigen Kanonenkugeln? Foto: HPA

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