29. Mai 2021
Horn

Eine wichtige Arbeit ganz ohne trommeln

Rückenwind hilft straffällig gewordenen Menschen

Rückenwind-Geschäftsführer Carsten Hüttmann (58, r.) und Mitarbeiter Hendrik Parlow (34), der die gemeinnützigen Arbeitsleistungen koordiniert Fotos: af

BORGFELDE Carsten Hüttmann sagt von sich selbst, dass er inzwischen zum „Inventar“ gehört. Nur ein Jahr nach der Gründung von „Rückenwind e.V.“ 1988 stieß er, zunächst noch als Honorarkraft, dazu.

Der Verein, der in einem einfachen Zweckbau am Übergang zwischen Borgfelde und Hammerbrook seine Räume hat, ist als freier Jugendhilfeträger in der Sozialarbeit mit straffällig gewordenen Menschen tätig und kooperiert mit der Jugendgerichtshilfe (JGH) sowie der Jugendbewährungshilfe (JBH) des Fachamtes Straffälligen- und Gerichtshilfe. Das wiederum ist dem Bezirksamt Eimsbüttel zugeordnet, welches diese Aufgaben federführend für ganz Hamburg wahrnimmt. Was Rückenwind für den Hamburger Osten ist, nehmen die Vereine AMA für den Westen und Rauchzeichen für den Süden wahr.

Seit 2006 ist Hüttmann, studierter Sportwissenschaftler mit Nebenfach Pädagogik, Geschäftsführer des Vereins. Weil mit Freiheitsentzug verbundene Jugendstrafe immer nur die letzte Lösung sein sollte, bietet der Träger „ambulante Maßnahmen“ an, um auch mitzuhelfen, Jugendlichen und Heranwachsenden ein künftiges Leben ohne Straftaten zu ermöglichen. So werden im Rahmen von Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren verhängte (gemeinnützige) Arbeitsleistungen hier unter pädagogischer Anleitung erbracht. Das können Servicetätigkeiten in Küchen bei nahegelegenen Kirchengemeinden oder Stiftungen ebenso sein wie Säuberungsarbeiten im Hammer Park.

Täter-Opfer-Ausgleich

Darüber hinaus bietet der Verein Kurse in Form sozialer Gruppenarbeit für erheblich gewalt- bzw. sozialauffällige junge Menschen und auch Straßensozialarbeit für suchtgefährdete, drogenkonsumierende Jungerwachsene an. Schließlich sind bei dem Träger auch spezialisierte Kräfte tätig, die sich mittels Mediation und Konfliktschlichtung der anspruchsvollen Aufgabe des Täter-Opfer-Ausgleichs widmen.

„Je schlimmer die Straftat, desto weniger Eltern“, weiß Hüttmann aus seiner Arbeit. Diese zeigten sich oft völlig desinteressiert und würden bei den Maßnahmen großteils gar keine Rolle spielen. Ein positiver Zusammenhang sei, dass die sinkende Arbeitslosigkeit mit geringerer Jugendauffälligkeit einhergehe. Der Verein trommele nicht groß in der Öffentlichkeit und die Sponsorensuche sei herausfordernd. Auf den Namen „Rückenwind“ sei man gekommen, weil es damals sehr aktive Radfahrer im Vereinsvorstand gegeben habe. Heißt: Man muss zwar noch treten, aber der Wind komme von allein. „Es lohnt immer, sich mit Menschen zu beschäftigen“, so Geschäftsführer Hüttmann.

 

In den Räumen einer früheren Kaffeerösterei ist der Jugendhilfeträger „Rückenwind“ untergebracht Foto: af

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