BRAMFELD Schon der erste Blick auf eine bunt blühende Welt lässt erahnen, dass sich hier Schmetterling, Libelle und Co. äußerst wohl fühlen müssen. Denn auf knapp 43.000 Quadratmetern zwischen den Gleisen von U1 und U3 an Seebek und Osterbek erstreckt sich das abwechslungsreiche Blumen- und Pflanzenparadies des Kleingartenvereins „Grode Wisch“ mit derzeit 130 Mitgliedern und 114 Parzellen, der dieser Tage sein 100-jähriges Bestehen feiern kann.
Nicht ohne Stolz zeigen der Vereinsvorsitzende Heiko Giesen (46) und sein „Pressesprecher“ Andreas Tisch (55) das im Laufe der Jahrzehnte immer wieder modernisierte und erweiterte Vereinshaus, wo sich die Gartenfreunde regelmäßig treffen. Die ältesten überlieferten Unterlagen stammen aus der Kriegszeit, als auf dem Gelände 75 „Behelfsheime“ für Ausgebombte – ohne Strom, aber mit Bezugsscheinen für Petroleum und Brennholz – eingerichtet wurden. Noch bis ins 21. Jahrhundert hinein sollten einige Parzellen derart mit Dauerwohnrecht ausgestattet bleiben. Den Höhepunkt des typisch-geselligen Vereinswesens brachten die 1970er-Jahre mit vielen Anlässen zum Feiern vom Tanz in den Mai, bis zum Erntedankfest, vom Preisskat bis zur Weihnachtsbescherung für den Nachwuchs.
Im Jahr 1976 wurde die Anlage, auf der auch seltene Vögel wie Sperber, Bussard und Eisvogel bisweilen gesichtet werden, als schönste in ganz Wandsbek ausgezeichnet. Kinder sind nach wie vor gern gesehen: So können sich auf dem Gelände die Schützlinge einer Kita und einer Tagesmutter austoben. Bei „Grode Wisch“ ist man auf Vielfalt stolz: Es gibt sogar zwei Imker und eine Künstler-Parzelle, wo immer mal wieder skurrile Exponate im Garten zu sehen sind.
Dass die heutigen Kleingärtner ganz anders ticken als früher, meint auch Siegfried Dämmich, mit 88 ältester Kleingärtner und 27 Jahre lang Vorsitzender bei „Grode Wisch“. Zusammen mit Ehefrau Karin (86) bewirtschaftet er eine Parzelle mit üppiger Blumenpracht und zahlreichen Obstgehölzen – von Himbeeren bis zum Pflaumenbaum.
Das Interesse an einer eigenen Gartenparzelle im Grünen scheint ungebrochen: „Zu Corona-Zeiten kamen hier viele Spaziergänger vorbei und haben gesehen, wie schön es bei uns ist“, erklärt Andreas Tisch. Die Übernahme einer (frei werdenden) Parzelle kostet rund 2000 Euro: „Das ist eine Art von Abstand, den der aufgebende Pächter bekommt. Der Verein sieht davon gar nichts“, berichtet Giesen. Die Nachfrage ist derzeit hoch, doch die Warteliste wurde wegen Überfüllung geschlossen. „Gärten wie der von Siegfried Dämmich machen sich nicht von allein. Da muss man jeden Tag eine Stunde Arbeit investieren oder – wenn man nur am Wochenende kommt – auch mal einen ganzen Nachmittag“, mahnt Giesen alle Kleingarten-Fans.
„Grode Wisch“ liegt übrigens genau auf der Grenze zwischen Bramfeld, Barmbek-Nord, Dulsberg und Wandsbek-Gartenstadt (Eingang vom Wichelkamp).
Der 100-jährige Vereinsgeburtstag wird am Samstag, 20. August, ab 15 Uhr groß gefeiert mit Live-Musik, Spanferkel und anderen (auch veganen) Köstlichkeiten sowie vielen Belustigungen für Kinder: Eingeladen sind natürlich alle Kleingärtner mit Anhang, aber auch die Nachbarschaft.
