BILLSTEDT Manche der Händler sind seit Jahrzehnten hier, viele aber längst gegangen: Unter den Marktbeschickern auf dem Billstedter Wochenmarkt herrscht Unruhe.
Selbst, wenn es nieselt, kommen die Leute, streifen an Textilständen entlang, stellen sich bei Fleisch-, Blumen-, Obst-/Gemüse-, Fisch- und vielen anderen Ständen an. Lücken in der Reihe der Stände gibt es nur wenige, aber es gibt sie. Und trotz laufender Schulferien ist hier eine Menge los. Aber ob das so bleibt?
„Nachmittags passiert hier nichts mehr.“ Fischhändler Marco Kalinowski berichtet nicht als einziger, dass freitags ab 14 Uhr keine Kunden mehr kommen. Seine Familie ist schon Jahrzehnte auf dem Billstedter und anderen Märkten. Wer ihm zuhört, nimmt den Ärger über vieles, was im Marktgeschäft kaputtgegangen ist, wahr.
Gerade ist eine Umfrage unter den Marktleuten veranstaltet worden, wie es mit den Öffnungszeiten weitergehen soll. Viele sagen, die Mehrheit sei gegen die Fortsetzung des Marktes bis 18 Uhr.
Am Blumenstand von Marc Siemers werden Stammkunden mit Namen begrüßt. Seit 25 Jahren verkauft er in Billstedt. „Früher ist nach 17 Uhr ein ganzer Schwung gekommen“, sagt Siemers, das waren die Schichtarbeiter aus dem Hafen.
Marc Baum betreibt mit seinem Bruder Alexander einen großen Obst- und Gemüsestand, günstig in der Nähe des Billstedt-Centers gelegen. Baum sagt, dass er natürlich auch vor 9 Uhr verkaufe, der Aufbau laufe ja ohnehin. Sehr genau registriert Baum, dass er morgens und nachmittags viele Kunden hat, veröffentlicht allerdings keine Zahlen. Der Wochenmarkt sei doch „das einzig Schöne in Billstedt“, findet Baum.
Marktobmann Gerd Schumann weiß, dass sich die Marktzeiten über die Jahre immer wieder geändert haben, auch er würde „gern bis 16 Uhr verkaufen“. Die Märkte würden bei kürzeren Zeiten attraktiver, glaubt er. Die Markthändler, erzählt er weiter, seien alle „50 Plus“. Sie stehen zwölf Stunden auf dem Markt: „Das darf kein Arbeitnehmer.“ Die Leute redeten doch alle von Arbeitszeitverkürzung.
Für einen Platz auf dem Wochenmarkt zahlen Händler freitags 4,80 Euro pro Frontmeter plus Strom, am Dienstag sind es ein Euro weniger. Bezirksamtssprecherin Sorina Weiland bestätigt, dass es eine Umfrage gab. „Die Ergebnisse werden voraussichtlich in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaftsförderung, Wochenmärkte und Tourismus Ende September veröffentlicht“, fügt sie hinzu. Auch die Frage, ob sich Öffnungszeiten verändern, werde dort erörtert. Verkäufe vor Beginn der Öffnungszeiten seien durch die Marktordnung wegen Unfallgefahr nicht zugelassen. Angemeldet sind derzeit dienstags dauerhaft 33, freitags 43 Händler. An beiden Tagen können und 19 Tagesbewerber ihre Stände aufbauen, Händler mit verderblichen Waren hätten Vorrang, so Weiland.
Ab und zu lässt der Regen in Billstedt auch mal nach. Ein paar Männer sitzen am Rand im Kreis und palavern, Arbeiter legen neue Pflastersteine. Der Billstedter Wochenmarkt wird nach Informationen der Geschichtswerkstatt Billstedt seit den 1920er-Jahren an diesem Ort veranstaltet – hat also seinen 100. Geburtstag hier gerade gefeiert. Eigentlich.
