24. Juli 2021
Billstedt

Jazz und Glauben sind untrennbar

AUF EINEN KAFFEE MIT Hans-Jürgen Buhl, Propst im Ruhestand und Musikliebhaber, in Teil 3

Propst i.R. Hans-Jürgen Buhl mit seiner Lieblingsplatte vor seinem Jazz-CD-Regal. Das seien nicht alle Scheiben, sagt er Foto: Timm

BILLSTEDT Sommerzeit ist Lesezeit. In den nächsten Wochen wollen wir Ihnen Menschen nahe bringen, die etwas zu erzählen haben.

Hier ist alles Musik. Genauer: Jazz. Der Plattenspieler läuft, das Gerät ist vom Feinsten und steht auf einem Sideboard, in dem – natürlich – Schallplatten aufgereiht sind. Gegenüber ein CD-Regal: riesig, und offensichtlich so gut gepflegt, dass Hausherr Hans-Jürgen Buhl mit gezieltem Griff eine CD von Wynton Marsalis herausholt. An die Wände des freundlichen, hellen Appartements am Vierländer Damm sind Bilder gelehnt; ein Tisch und Stühle in der Mitte. Hierher geht Buhl zum Musikhören. Der Propst ist mit der Rothenburgsorter Pastorin Cornelia Blum verheiratet.

Buhl ist im Ruhestand. Frei von Berufspflichten, die er nicht vermisst, kann er seiner Jazz-Leidenschaft frönen. Der Theologe hat sich selbst Saxofon beigebracht, spielt es in Tenor- und Sopranlage. Das Tenorsaxofon ist so nah an der menschlichen Stimme, findet er.
Der Mittsechziger mit Knopf im Ohr schwärmt auch geradezu von der Bassklarinette, auf der er eigentlich Unterricht nehmen will, was Corona erst einmal verhindert hat.

Welchen Jazz mögen Sie? „Alles, was nach Charlie Parker kommt“; also die 1960er-Jahre. Keith Jarrett spielt eine starke Rolle. Und in welcher Richtung sind Sie selbst unterwegs? „Das hängt davon ab, mit wem“, antwortet Buhl und fast augenblicklich ist von den Hamburger Jazzgottesdiensten die Rede: Zusammen mit zwei Pastorenkollegen und weiteren Musikern gestaltet Buhl, wenn kein Corona ist, Jazzgottesdienste in Hamburger Gemeinden. Ist Jazz denn religiös? „Natürlich!“ Buhl ist sichtlich mit sich im Reinen. Kommt das vom Jazz oder vom christlichen Glauben? Das, sagt er, kann man nicht voneinander trennen. Und viele US-Jazzer beriefen sich auf ihre eigene Geschichte, die immer wieder mit Glauben und Kirche zu tun habe.

So souverän er über Jazz spricht, so klar äußert sich Buhl über die Situation seiner Kirche. Sie habe die Aufgabe, „bei den Menschen zu sein“, vom Alten und Neuen Testament zu erzählen und „Ihnen die Freiheit zu geben, ein geistliches Leben zu führen“. Wir ließen uns zu sehr einengen. Corona schenke die Freiheit, manches anders zu machen. Buhl kritisiert „vorauseilenden Gehorsam“ bei der kirchlichen Übernahme mancher Pandemieregeln, verteidigt aber die Entscheidung vom April 2020, Kirchen zu schließen. Es sei „hasenfüßig“, so lange den Zugang zu Gotteshäusern zu verwehren.

In der vierten Folge kommt Dörte Inselmann, Vorstand und Intendantin der Stiftung Kultur Palast Hamburg, zu Wort.

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