9. April 2022
Billstedt

Austausch ist das Zauberwort

Jessica Washburn über Aufgaben und Grenzen

Jessica Washburn ist die neue Familienlotsin für das Sonnenland und Mümmelmannsberg Foto: fbt

BILLSTEDT Nehmen wir uns einmal länger Zeit. Es ist gut, nicht nur zwischen Tür und Angel zu reden. Zum Beispiel mit Jessica Washburn, der neuen Familienlotsin für das Sonnenland und Mümmelmannsberg.

„Können wir eigentlich Du sagen?“ So endet die erste Unterhaltung mit Jessica Washburn. Wir reden im Sonnenland, der „Kate“, wie manche das Stadtteilprojekt nennen. Die wichtigsten Eigenschaften einer Sozialarbeiterin bringt die Wahlhamburgerin ohne Zweifel mit: Sie ist offen, kann zuhören und setzt, soviel steht schnell fest, auf Beteiligung. Was das bedeutet, ist einfach erklärt: Wie die ehrenamtlichen Familienlotsen einmal arbeiten werden, will sie mit ihnen besprechen und „nicht ohne die Eltern entscheiden.“ Austausch ist das Zauberwort.

Wie Jessica Washburn das macht, ist schon außergewöhnlich. Auf einem Spaziergang durch Billstedt mit der Sonnenland-Fotogruppe bleibt sie ruhig, als eine ältere Dame meint, neu gebaute Wohnungen würden ja nur Flüchtlinge bekommen. Und einem Nachbarn, der schimpft, dass er nicht fotografiert werden wolle (und die Gruppe mit seinem Handy selbst fotografiert), erklärt Washburn, dass sie zum ersten Mal selbst eine Kamera ausprobiert. Dabei würde man es verstehen, wenn sie auf krassen Unsinn über Flüchtlinge ganz anders reagierte. Jessica Washburn hat in den Flüchtlingslagern auf der griechischen Insel Lesbos ein Praktikum gemacht. Dort stranden Menschen aus Afghanistan und afrikanischen Ländern, die unter Lebensgefahr das Mittelmeer überquert haben, um in Zukunft in Europa zu leben. Und in Hamburg hat sie Sozialarbeit mit obdachlosen Kindern gemacht: „Mich schockiert, wie Menschen stigmatisiert werden“, sagt sie.

Jessica Washburn stammt aus Franken. In Hof geboren, im wunderschönen Bamberg aufgewachsen. Der Vater war amerikanischer Soldat, sie wuchs aber nicht zweisprachig auf. Seit sieben Jahren lebt die 31-Jährige in Hamburg, derzeit auf der Veddel. Wie kommt sie mit den manchmal dramatischen Schicksalen der Menschen klar, für die sie arbeitet? Wir sprechen von Grenzen, ihre ist, dass sie nur 30 Stunden die Woche arbeitet.

Wenn sie das gerade nicht tut, ist sie gern draußen unterwegs, geht spazieren, wandert auch mal auf Berge, macht Yoga, geht schwimmen. Jessica Washburn mag Reggae-, Rock- und Punkrock.

Die Arbeit im Sonnenland soll keine kurzfristige Angelegenheit sein. Kennenlernen kann man „die Neue“ bei Kaffee und Kuchen am Sonnabend, 9. April, um 13 Uhr oder am Montag, 11. April, um 10 Uhr im Stadtteilprojekt, Sonnenland 13.
Ach ja: Natürlich sagen wir „Du“. Was denn sonst.

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