22. Oktober 2022
Ohlsdorf

Kahlschlag statt Schutz der Tiere

„Katastrophe für Weinbergschnecken“

Urte Hermann (l.) und Eleonore Heilmann bilden die Schnecken-Lobby Foto: tel

OHLSDORF Als Urte Hermann vergangene Woche nach ihren Schützlingen schauen wollte, fand sie sich in einem radikal gepflegten Abschnitt des Friedhofs wieder.

„Bäume gefällt, zuvor dichtes Buschwerk radikal zurückgeschnitten, Rasen gemäht – das ist ein absoluter Kahlschlag und eine Katastrophe für Weinbergschnecken, die sich gern unter Büschen und Laub verstecken“, so Hermann, die sich als ehrenamtliche Schneckenschützerin versteht, zum Wochenblatt. Die Schnecken-Kolonie auf dem weltgrößten Parkfriedhof im Bereich des Grabmahl-Freilichtmuseums war im Zuge der Planungen für einen weiteren Fußgänger-Verbindungsweg zum Steilshooper Nordufer des Bramfelder Sees bekannt geworden. „Ich kämpfe aber schon länger um diese Tiere“, erklärte Urte Hermann.

Zusammen mit der gleichgesinnten Steilshooperin Eleonore Heilmann initiierte sie sogar eine Online-Petition: Weil Weinbergschnecken nach Paragraph 44 Bundesnaturschutzgesetz unter strengem Schutz stehen, mussten die Wege-Pläne erst einmal aufgeschoben werden. Zunächst gab die zuständige Umweltbehörde (BUKEA) ein Gutachten in Auftrag.

Noch für Oktober, so erfuhr das Wochenblatt von der Behörde, war jetzt ein Ortstermin mit der Friedhofsverwaltung, dem Friedhofsgärtner, dem Bezirk und dem Gutachter geplant. Dort sollten dann zusammen mit Schnecken-Expertin Hermann im Detail die nötigen Pflege- und Ausgleichsmaßnahmen vereinbart werden,
um die Ohlsdorfer Population nicht zu gefährden.
Kein Wunder also, dass sich Hermann nun übergangen fühlt: „Mir wurde erklärt, dass die Friedhofsverwaltung von dem Gutachten in Kenntnis gesetzt wurde und keine vollendeten Tatsachen schafft. Stattdessen wurden jetzt viele Tiere, besonders zahlreiche Schlüpflinge, zermäht, zertreten und in den Biomüll-Behälter geworfen.

Daraus habe ich dann zahlreiche Exemplare wieder herausgeholt“, schildert Hermann und kommt zu dem Urteil: „Hier hat der Friedhof eindeutig gegen das Gesetz verstoßen und ein Umweltdelikt begangen.“ Das könnte das Zuwegungs-Projekt weiter verzögern, zumal Hermann womöglich auch noch Strafanzeige gegen die Friedhofsverwaltung stellt.

Und wie geht es dem geplanten Fußweg? Der Abzweig auf Wandsbeker Gebiet steht bereits – inklusive zweier Parkbänke. Alles weitere hängt jetzt wohl davon ab, ob die Beteiligten künftig an einem Strang ziehen.

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