1. Juli 2020
Hamburg

„Ich bin gern nah am Menschen“

Michael Labe neuer Präsident des DRK Hamburg

DRK

Hat ein Herz für Menschen und Kirchenmusik: DRK-Präsident Dr. Michael Labe Foto: Michael Zapf

HAMBURG Im Januar hat Dr. Michael Labe das Ehrenamt als neuer Präsident des DRK-Landesverbandes Hamburg übernommen. Der hauptberufliche Richter am Oberlandesgericht und Geschäftsführer der Prüfungsämter für Juristen wollte eigentlich erst einmal alle Bereiche des Roten Kreuzes kennenlernen. Doch dann kam Corona. Im Interview erzählt der 65-Jährige, welches Potenzial an Kreativität und Flexibilität die Krise in der Gemeinschaft freisetzt.

Wochenblatt: Herr Dr. Labe, kurz nach der Übernahme des Präsidentenamtes erreichte die Pandemie Deutschland …

Michael Labe: Das habe ich mir ja alles ganz anders vorgestellt! Bei neuen Ämtern möchte ich immer alle Bereiche kennenlernen. Geplant war auch ein Tagesseminar für die Leiter der Kreisverbände mit der Frage: Wo stehen wir und wo wollen wir hin? Doch plötzlich waren nur noch Telefongespräche und Videokonferenzen möglich. Das liegt mir gar nicht, denn ich bin gern nah am Menschen.

WB: Was bedeutet die Corona-Pandemie für die Arbeit des DRK?

Labe: Ich bin seit zwölf Jahren beim Roten Kreuz und habe auf Bundes- und Landesebene schon viel kennengelernt. In der Krise merke ich, wie kreativ, flexibel und vielfältig unsere Gemeinschaft ist. Als die Kitas schließen mussten, haben unsere Mitarbeiter schnell andere Wege gefunden. Sie haben beispielsweise ein Sorgentelefon für Eltern eingerichtet oder kleine Filme für die Kinder für You-Tube gedreht.

WB: Betroffen waren ja noch viele Bereiche mehr …

Labe: Die Rettungsdienste und Krankentransporte liefen natürlich weiter. Außerdem haben unsere Mitarbeiter durchgesetzt, Obdachlose weiter mit einem DRK-Mobil mit Lebensmitteln versorgen zu dürfen. Als das wieder ging, haben erwachsene Männer geweint, das rührt mich sehr. In Horn wurde eine Notunterkunft für obdachlose Frauen eingerichtet, und unsere Mitarbeiter am Flughafen führen jetzt Fiebermessungen bei einreisenden Ernte­helfern durch. Es ist faszinierend, wie jeder seinen Weg findet.

WB: Was steht denn auf der Agenda, wenn das Virus wieder einen normalen Alltag zulässt?

Labe: Wir machen uns Sorgen um den Mitgliederschwund. Viele Menschen halten uns irrtümlich für eine staatliche Institution, aber wir sind auf Spenden angewiesen. Das DRK wird auch außerhalb von Krisenzeiten von der Kita bis zum Seniorenheim gebraucht, das muss auch parteiübergreifend der Politik deutlich werden. Nach innen möchte ich das Engagement unserer Leute stärken und ihnen die Anerkennung zukommen lassen, die sie verdienen. Wenn es die Zeit erlaubt, möchte ich noch näher an der Basis sein, zum Beispiel mal im Obdachlosenbus mitfahren.

WB: Stichwort Zeit: Neben Ihren Ehrenämtern vertreten Sie gelegentlich den Organisten im Michel. Haben Ihre Tage mehr als 24 Stunden?

Labe: Ich spiele Orgel, seit ich 14 Jahre alt bin, und habe mit dem Studium der Kirchenmusik kokettiert. Ich bin froh, dass ich mich letztlich für Jura als Brotberuf entschieden habe, aber im Michel und auch anderen Kirchen Orgel spielen zu dürfen ist ein ganz großes Glück für mich!

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