21. August 2013
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„Der Münte weiß, was uns bewegt“

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Aufmerksam lauschten mehr als 100 Zuhörer in Niendorf Nord den Ausführungen des ehemaligen Vizekanzlers Franz Müntefering

„Der Müntefering weiß, was die Menschen bewegt.“ So brachte es einer der mehr als 100 Zuhörer nach dem Auftritt des ehemaligen Vize-Kanzlers in der Kursana Residenz in Niendorf auf den Punkt.

 

Gespickt mit Anekdoten aus der sauerländischen Heimat und Erfahrungen seiner langen politischen Laufbahn brachte Franz Müntefering, der dem Deutschen Bundestag nicht mehr angehören wird und auf Einladung des Eimsbütteler SPD-Bundestagskandidaten Niels Annen nach Niendorf gekommen war, den Zuhörern sein Hauptanliegen nahe: Ein besseres, verständnisvolleres Miteinander der Generationen.

Sein eindringlicher Appell: Ältere Menschen sollten so lange wie möglich in Bewegung bleiben. „Die Beine ernähren das Gehirn“, meinte der 73-jährige Politiker „Bewegung ist wichtig. Rausgehen und mit Nachbarn sprechen, anderen zuhören,  teilnehmen. Die schlimmste Krankheit ist doch heute die Einsamkeit. Wer aktiv bleibt und sich gesellschaftlich beteiligt, wird nicht einsam“, gab Müntefering seinen Zuhörern mit auf den Weg.           

Wochenblatt-Redakteurin Silke Schlüter nutzte die Gelegenheit, dem ehemaligen Vize-Kanzler ein paar Fragen zu stellen. Hier ein Auszug.

 

Niendorfer Wochenblatt: Wie stellen Sie sich persönlich ein gelungenes „Miteinander der Generationen“ vor?

Franz Müntefering: Wissen und akzeptieren, dass es wenig bedeutet, wie alt oder jung jemand ist. 72 oder 27, das ist kein Argument. Es gibt vernünftige Alte, vernünftige Junge und Vernünftige dazwischen. Auf die muss man bauen. Die Jungen erfahren: Die Alten kennen manche Abkürzungen und lernen immer noch dazu. Die Alten sollten erkennen: Den Jungen fällt manchmal wirklich gutes Neues ein. Alle sind mitverantwortlich für das, was heute geschieht und für das, was sich morgen oder übermorgen daraus entwickelt. Politik muss über den Tag hinaus denken und handeln.

 

NW: In Hamburg gibt es inzwischen spezielle Jugendarbeitsagenturen, die sich den Bedürfnissen von Schulabgängern widmen – mit dem Ziel, jeden Jugendlichen in Ausbildung zu bringen. Sollte die Arbeitsagentur für Arbeit nicht endlich auch bei den Vermittlung älterer Arbeitsloser neue Wege gehen?

Müntefering: Es ist einfach aber ungerecht, die Verantwortung allein bei der Bundesagentur zu sehen. Es gibt das Problem, aber es hat sich zahlenmäßig reduziert. 50-Jährige und Ältere werden nicht mehr so schnell wie in den 80er und 90er Jahren entlassen. Sie bleiben in Beschäftigung. Aber diese Bundesregierung hat die finanziellen Mittel und damit die Aktionsmöglichkeiten der BA deutlich reduziert und das ist schlecht. Umschulung bis Berufswechsel müssen möglich sein. Das Senioritätsprinzip (siehe Kasten) muss aber auch relativiert werden. sun

 

 

Das Prinzip der Seniorität…

 

…besagt, dass Beschäftigten mit zunehmender Betriebszugehörigkeit und damit in der Regel auch mit zunehmendem Lebensalter Privilegien und steigende Leistungen zuteil werden: höhere Löhne, größere Arbeitsplatzsicherheit, Erwerb betrieblicher Zusatzleistungen, bevorzugte Berücksichtigung bei Weiterbildungsmaßnahmen, Beförderungen und Aufstiegen 

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