27. Februar 2021
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Bisher nur hilflos dem Verfall zugesehen

Die Villa aus dem Jahr 1892 steht seit Jahren leer Foto: mf

Die Villa aus dem Jahr 1892 steht seit Jahren leer Foto: mf

LOKSTEDT „Mir ist einfach der Kragen geplatzt“, erzählt Thomas Kraske. Der Lokstedter muss seit Jahren hilflos zusehen, wie die ehemals prächtige Villa in der Niendorfer Straße 70 verfällt. Nun wendet er sich an Politik und Behörden. Die Villa von 1892 wurde 2013 unter Denkmalschutz gestellt.

Kraske wohnt seit 1963 direkt nebenan in der Niendorfer Straße 72. Einst gehörte die benachbarte Villa, so erzählt er, einer jüdischen Familie, die vom NS-Regime enteignet wurde. „Seit Ende 2016 steht die Villa leer“, hat Kraske beobachtet. Seitdem sei sie in einem desolaten Zustand: Im Dezember 2018 konnte Kraske mit seinem Nachbarn und damaligen Besitzer das Gebäude begutachten: „Es ist einsturzgefährdet. Im Dachgeschoss wurde mit dem hochgiftigen Holzschutzmittel PCB gearbeitet, und tragende Holzelemente sind von Hausbock und Hausschwamm befallen.“

An den Eigentümer würde er sich gern wenden, doch der sei nicht zu ermitteln: Ursprünglich habe es Pläne gegeben, hinter der Villa einen Neubau zu errichten. Dann wechselte das Objekt die Besitzer, zuletzt nach Kraskes Recherchen im September 2020 an einen Frankfurter Investor. „Rund zwei Jahre lang war ich vergebens mit dem Denkmalschutzamt im Gespräch“, ärgert sich der Lokstedter: „Meine große Sorge in Anbetracht der Verwahrlosung bei weiterhin ausbleibenden Schritten der höchsten und einflußreichsten betreffenden Stellen ist die gleichzeitige steigende Wahrscheinlichkeit, den Zustand der Villa als ,baufällig und nicht mehr reparabel‘ anerkennen zu müssen und damit potenten Investoren in die Hände zu spielen.“ Diese Sorge teilte er nun auch den Politiker/-innen seines Wahlkreises mit.

Nach Auskunft des Bezirksamtes liegt eine gültige Genehmigung über die „Änderung von zwei zu fünf Wohneinheiten in einem denkmalgeschützten Mehrfamilienhaus“ vor. Das Denkmalschutzamt hat die Villa von außen begutachtet, aber wenig Handlungsspielraum: „Nach aktuellem Kenntnisstand besteht durch Einwirkung von außen keine Gefahr. Wir haben derzeit jedoch trotz wiederholter Bemühungen keinen Kontakt zum Eigentümer und somit keinen Zutritt, um uns einen umfänglichen Eindruck vom Zustand des Gebäudes zu verschaffen. Wir haben die Villa im Blick und suchen weiter Kontakt zum Eigentümer“, erklärt Sprecherin Marianne Kurzer vom Denkmalschutzamt. mf

Villa Niendorfer Straße Schäden
Die Schäden am Haus hat Thomas Kraske dokumentiert Foto: privat

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